Tourbillon

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Sabine Meding, zuletzt aktualisiert am 02.06.2023

Das Tourbillon gehört zu den faszinierendsten Uhrenkomplikationen, die wir kennen, und wurde bereits vor über 200 Jahren entwickelt. Der Name der komplexen Konstruktionen stammt aus dem Französischen und bedeutet übersetzt "Wirbelwind". In diesem Artikel erklären wir die Funktion des Tourbillons, gehen auf die unterschiedlichen gängigen "Wirbelwind"-Arten ein und stellen abschließend einige hervorragende Tourbillon-Uhren aus dem Produktportfolio bekannter Marken vor.

Tourbillon: Funktionsweise und Erklärung

Beim Tourbillon handelt es sich um eine Vorrichtung mechanischer Uhren, welche dazu gedacht ist, die Ganggenauigkeit des Uhrwerks zu verbessern. Vereinfacht gesagt besteht es aus einem Drehgestell - einem Käfig nicht unähnlich -, das Unruh, Unruhspirale, Anker und Ankerrad fasst. Das Drehgestell ist wiederum über die Welle, auf der es sitzt, mit dem Sekundenrad verbunden, welches als Antrieb für den Käfig fungiert. Mit der Drehung des Sekundenrads, die minütlich um 360° vollzogen wird, durchläuft auch das Drehgestell eine vollständige Umdrehung. Im Ergebnis verlagert sich der Schwerpunkt der Unruh im Laufe der Rotation, was Lagen- und Schwerpunktfehler reduzieren oder bestenfalls gänzlich verhindern soll.

Übrigens: Trotz seiner Komplexität ist der Tourbillon-Mechanismus, der sich um Anker, Ankerrad, Unruh und Unruhspirale legt, ein Leichtgewicht. Moderne Tourbillons bringen im Schnitt gerade einmal 0,3 g auf die Waage. In Anbetracht dieser Tatsache wird umso deutlicher, mit welch filigranem Mechanismus wir es hier zu tun haben.

Warum ist ein Tourbillon in einer Uhr wichtig?

Doch wozu das Ganze? Um den Sinn und Zweck eines Tourbillons zu verstehen, muss man um den Einfluss der Schwerkraft auf die Technik im Herzen der Uhr wissen. Liegt eine Taschenuhr zum Beispiel lange im selben Winkel, begünstigt dies winzige Veränderungen im Schwerpunkt von Unruh und Unruhspirale, wodurch sich der Gangregler von seiner optimalen Position genau im Zentrum der Unruhwelle entfernt. Die Folge sind logischerweise unerwünschte Gangabweichungen. Das Tourbillon wirkt genau diesen schwerkraftbedingten Abweichungen im Gang erfolgreich entgegen und zählt somit zu den Komplikationen, die insbesondere bei Taschenuhren und Uhren, welche nicht am Handgelenk getragen werden, sinnvoll sind.

Armbanduhren erfahren ihrer Natur entsprechend laufend kleine Bewegungen, ausgelöst durch die Aktivität des Trägers, wodurch sie häufig weniger anfällig für unzuverlässiges Gangverhalten aufgrund der Schwerkraft sind. Der rein funktionale Nutzen eines Tourbillons zur Hemmung von Gangabweichungen hält sich bei der getragenen Uhr am Armband also in Grenzen. Trotzdem erfreuen sich Tourbillon-Uhren auch in dieser Form großer Beliebtheit und gelten als ästhetisches Meisterwerk der Uhrmacherkunst, das Uhrenliebhaber mit seiner ausgefeilten Mechanik in den Bann zieht.

Tourbillon: Ein Blick auf seine Geschichte und Entwicklung

Wie so viele bahnbrechende Erfindungen, betrat auch das Tourbillon aus der schieren Notwendigkeit heraus die Bühne der Uhrenwelt. Seine Entwicklung lässt sich auf das Ende des 18. Jahrhunderts zurückdatieren. Eine Zeit, zu der es noch keine Armbanduhren gab, was aus heutiger Sicht schwer vorstellbar ist. Zeitmesser wurden damals überwiegend als Taschenuhren mitgeführt und zumeist in den Westentaschen der Träger verstaut, wo sie senkrecht lagen und der Erdanziehungskraft somit maximal ausgesetzt waren. Die mangelnde Ganggenauigkeit, verursacht durch die Einwirkung der Schwerkraft in dieser Position, wurde zu einem Problem, für das eine Lösung her musste.

Es war kein geringerer als Abraham Louis Breguet, dem es gelang, eine zufriedenstellende Lösung für mehr Präzision des Uhrwerks zu präsentieren. Der französische Uhrmacher, zu dessen Kundenstamm mitunter Marie-Antoinette gehörte, machte sich an die Arbeit und erhielt für seine innovative Erfindung wenige Jahre später das Patent. Wird heute vom Tourbillon gesprochen, fällt also völlig zurecht im selben Atemzug der große Name Abraham Louis Breguet.

Die verschiedenen Arten von Tourbillon-Mechanismen

Seit Breguet Tourbillons erfunden hat, sind die Mechanismen mehrfach weiterentwickelt und in verschiedenen Arten gebaut worden. Wir werfen nun einen Blick auf die Vielfalt der Tourbillons, die daraus im Laufe der Zeit hervorgegangen ist.

Eine Variante des Tourbillons ist der Karussell-Mechanismus. Hierbei wird das Federhaus der Uhr als Rotationslager eingesetzt, wobei Unruh und Laufwerk auf einer Art drehbarem Gestell, dem Karussell, platziert sind. Diese spezielle Komplikation geht auf den dänischen Uhrmacher Bahne Bonniksen zurück und bringt deutlich mehr Gewicht mit als das klassische Tourbillon von Breguet.

Eine andere Abwandlung des Tourbillons ist das fliegende Tourbillon nach Alfred Helwig, seines Zeichens Lehrmeister der Uhrmacherei aus Glashütte. Bei dieser Ausführung fehlt die obere Brücke, wodurch der Käfig lediglich auf der Drehgestell-Unterseite aufliegt. Das fliegende Tourbillon von Alfred Helwig gibt es seit 1920.

Das sogenannte Gyro-Tourbillon begeistert mit technischer Finesse und gleicht Änderungen der Lage einer Uhr aus, kommt jedoch dann an seine Grenzen, wenn es um dynamische Störungseinflüsse geht. Die Mechanik, die aus dem Hause Jaeger-LeCoultre stammt, dreht die Unruh in ausgefeilter Weise um drei integrierte Achsen und stellt eine technische Meisterleistung dar, bei der die Ästhetik im Vordergrund steht.

Eine vergleichsweise neue Tourbillon-Art wird Doppel-Achs-Tourbillon, Double Tourbillon oder auch Doppeltourbillon genannt. 2003 von Thomas Prescher entwickelt und ein Jahr später von der Marke Greubel Forsey herausgebracht, handelt es sich hier um eine Kombination aus kleinem Tourbillon und großem Tourbillongestell. Durch zwei Achsen soll der Ausgleich von Lageveränderungen bei dieser Variante nochmals effektiver stattfinden - mit dem Resultat größtmöglicher Präzision. Auf das Doppeltourbillon folgte wenig später das Triple-Achs-Tourbillon, das der Konstruktion noch eine weitere Achse hinzufügt und ebenfalls von Prescher erdacht wurde.

Tourbillon vs. andere Uhrwerke: Was ist der Unterschied?

Nicht jede Uhr besitzt ein Tourbillon, was nicht zwangsläufig bedeutet, dass die Ganggenauigkeit bei Modellen ohne diese Komplikation nennenswert leidet. Heutzutage gibt es schließlich kaum noch Menschen, die ihre Uhren in Hosen- oder Jackentaschen mit sich herumtragen, wie es bei Taschenuhren üblich war. Der Platz eines Zeitmessers ist typischerweise am Handgelenk, wo die Uhr ohnehin in Bewegung bleibt und der Schwerkrafteinfluss deutlich geringer ausfällt als bei einer Taschenuhr in statischer Lage.

Hinzu kommen technisch unglaublich leistungsstarke und durchdacht designte Uhrwerke, welche ohne ein Tourbillon "Hemmungssystem" mit einer beeindruckenden Präzision überzeugen können. Kurzum: Die Komplikation des Tourbillons ist heute keine Voraussetzung für Ganggenauigkeit mehr. Tourbillon Uhren stehen nichtsdestotrotz hoch im Kurs, sind sie doch Symbole höchster Uhrmacherkunst und lassen die Herzen eingefleischter Uhrenfans mit ihrer besonderen Mechanik höherschlagen.

Was kostet ein Tourbillon?

Egal ob klassisch nach Abraham Louis Breguet, ein fliegendes Tourbillon oder eine andere Ausführung: Tourbillons sind komplexe Mechanismen, was sich selbstverständlich in ihrem Preis widerspiegelt. Für ein hochwertiges Tourbillon, das in einer traditionsreichen Manufaktur in der Schweiz gefertigt wird, muss man so zum Beispiel mindestens 4.000 € ausgeben. Günstigere Tourbillons, die seriell im asiatischen Raum produziert werden, sind hingegen teils schon für unter 1.000 € zu haben. Solche erschwinglichen Modelle werden in Massenproduktionen hergestellt und erfüllen häufig ihren Zweck, haben aber nicht mehr viel mit der tradierten Handwerkskunst, die andernorts in ein Tourbillon fließt, zu tun.

Die Top-Tourbillon-Uhren auf dem Markt heute

Möchte man ein Stück Uhrengeschichte sein Eigen nennen und sich einen eigenen "Wirbelwind" anschaffen, so wird man bei verschiedenen renommierten Uhrenmarken fündig. Nachfolgend stellen wir fünf Uhren mit Tourbillon Technik genauer vor:

Audemars Piguet Royal Oak Tourbillon Concept GMT

Audemars Piguet verbaut das Tourbillon unter anderem in den Royal Oak Tourbillon Concept GMT Uhren, die mittlerweile Legendenstatus erreicht haben. Der exquisite Zeitmesser präsentiert sich im sportlichen Look, beinhaltet aber auch jede Menge äußerst elegante Elemente und macht rein optisch so einiges her. Die Uhr, die über ein Gehäuse aus sandgestrahltem Titan, eine grüne Lünette und edle Zeiger aus Roségold verfügt, besitzt skelettierte Brücken und gibt den Blick so auf ebenfalls roségoldene Käfig-Komponenten frei. Ein spektakulärer Anblick, der die Uhr mit zwei Zeitzonen zum eindrucksvollen Eyecatcher und zu einem "Must-have" für Tourbillon-Fans macht.

A. Lange & Söhne Lange 1 Tourbillon Perpetual Calendar

Das Modell Tourbillon Perpetual Calendar aus der Lange 1-Reihe von A. Lange & Söhne ist eine enorm komplikationsreiche Uhr, die sich allem voran durch ihren ewigen Kalender auszeichnet. Integriert sind außerdem eine Mondphasenanzeige, ein Großdatum, eine Wochentagsanzeige und eine Tag-Nacht-Anzeige, woraus sich ein überaus leistungsstarkes Funktionspaket ergibt. Und nicht zu vergessen: Der hochwertige Zeitmesser der A. Lange & Söhne Manufaktur ist mit einem Tourbillon ausgestattet, das durch den Saphirglasboden des Gehäuses bewundert werden kann.

Jaeger-LeCoultre Grand Tourbillon

Als Erfindermarke des Gyrotourbillons hat natürlich auch Jaeger-LeCoultre einige Tourbillon Uhren im Sortiment. Die Grand Tourbillon Modelle des erfolgreichen Herstellers sind in einer schönen Auswahl verfügbar und zum Beispiel aus Gelb- und Weißgold mit Armbändern aus Edelmetallen oder feinstem Leder erhältlich. Eine solche Uhr von Jaeger-LeCoultre, deren Preis weit über dem Durchschnitt liegt, strahlt in jeder Ausführung puren Luxus aus und ist ein Schmuckstück, das atemberaubende Ästhetik mit höchster Präzision und erstaunlicher Technik zusammenbringt.

Vacheron Constantin Patrimony Traditionnelle Tourbillon

Die Traditionnelle Kollektion von Vacheron Constantin ist gewissermaßen eine Hommage an die Genfer Haute Horlogerie des 18. Jahrhunderts und transportiert den Charme der damaligen Zeit auf authentische Weise in die Gegenwart. Sie beinhaltet einige Modelle mit Tourbillon und tritt dabei mit einer verblüffend harmonischen Verbindung aus schlichter Geradlinigkeit und reichhaltiger Eleganz auf. Einige Artikel der beliebten Kollektion sind skelettiert, sodass das Tourbillon bei der Arbeit beobachtet werden kann, andere verfügen über auffällige Dekorelemente auf dem Zifferblatt und aufwändig gravierte Lünetten. Dabei ist bei jeder einzelnen Uhr nicht zu übersehen, dass es sich um ein Luxusprodukt bester Qualität handelt.

TAG Heuer Carrera Heuer – 02T Tourbillon

Sportlich, maskulin und funktionsgeladen: Die Carrera Heuer Tourbillon Uhren der Luxusmarke TAG Heuer stechen sofort ins Auge und besitzen eine kraftvolle Ausstrahlung, der man sich nur schwer entziehen kann. Die Zeitanzeiger an Bändern aus Leder, Edelmetall oder Kautschuk demonstrieren eindrücklich, wie sich technisches Knowhow und extravagante Designelemente zu ausdrucksstarken Uhren verbinden - es entstehen Produkte, die in der Welt der Uhrenkenner garantiert für Aufsehen sorgen. TAG Heuer setzt technisch einwandfreie Tourbillons ein, welche hinter dem skelettierten Zifferblatt ihren Dienst verrichten, und kombiniert diese mit nicht weniger leistungsfähigen Kalibern und weiteren Komplikationen, wie etwa der kleinen Sekunde.

Die Zukunft des Tourbillons: Technologische Fortschritte und Innovationen

Seit der Erfindung des Tourbillons durch Breguet sind mehr als 220 Jahre vergangen. Eine Zeit, in der sich einiges getan hat: Das Tourbillon wurde mehrfach abgewandelt und weiterentwickelt, war immer wieder großes Thema in der Uhrenszene und hat es geschafft, bis heute mehr als relevant zu bleiben. Zur Wahrheit gehört natürlich, dass die Zeiten, in denen das Tourbillon schier unverzichtbar für präzise Uhren ohne Gangabweichungen war, vorbei sind. Und trotzdem: Der "Wirbelwind" unter den Zeitmesserkomplikationen ist so "in" wie eh und je. Daher ist nicht zu vermuten, dass das Tourbillon in Zukunft von der Bildfläche verschwinden wird. Vielmehr dürfen wir uns vermutlich darauf freuen, die ein oder andere noch kommende innovative Weiterentwicklung des Tourbillons zu erleben - wir sind gespannt!

Fazit - Tourbillon: ein komplexer und faszinierender Mechanismus

Was mit Breguet begann, setzt sich bis heute fort: Tourbillon Uhren rufen bei Uhrenliebhabern weltweit pure Faszination hervor und sind nicht selten die Herzstücke großer Uhrensammlungen. Vom fliegenden Tourbillon über das Triple-Achs-Tourbillon bis hin zum Gyro-Tourbillon gibt es die Konstruktionen heute in zahlreichen Ausführungen, was die Thematik noch spannender macht. Dabei bleibt eines immer gleich: Das Tourbillon ist stets ein Ausdruck bester Uhrmacherei und wertet Uhren zuverlässig auf.


Über den Autor

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Sabine Meding

Das weitläufige Thema der Horologie interessierte mich schon immer, vor allem wie facettenreich und vielseitig die Welt der Uhren ist. Ich liebe es, über die verschiedenen Marken und Modelle zu schreiben und kann mir ein Leben ohne Uhren gar nicht mehr vorstellen. Am besten gefallen mir Modelle, die sowohl den Wochentag, als auch das Datum anzeigen. Ist dann das Zifferblatt auch noch aus Perlmutt, ist die Uhr für mich perfekt.