Die Uhren der Staatsmänner

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Stefan Sebök, zuletzt aktualisiert am 13.08.2019

Die Entscheidung für eine Uhr ist für Staatsoberhäupter eine besondere Herausforderung, denn jedes Detail wird mit Argusaugen von der Öffentlichkeit betrachtet – und entsprechend interpretiert. Ein Luxusmodell kann schnell einen schlechten Eindruck machen und für unangemessene Bereicherung und Habsucht stehen. Eine preiswerte, zurückhaltendere Variante kann dem Volk hingegen eine positive Botschaft senden – oder auch als geschmacklos betitelt werden. Heutzutage sind Uhren unter Politikern deshalb nicht mehr so beliebt wie früher. Jedoch ist das Uhren-Zeitalter noch lange nicht vorbei und viele Politiker hatten oder haben ihren absoluten Favoriten. Blickt man einmal auf die Handgelenke, so stellt man fest, dass sich dort einige wahre Stars der Szene finden und wichtige historische Momente begleiten. Die Ikone der Achtundsechziger, Ernesto Che Guevara, trug beispielsweise eine Rolex Submariner am Handgelenk. Die robuste, aber elegante Schweizer Uhr stand dem Revolutionär zuverlässig durch den Klassenkampf zur Seite. Nachfolgend verraten wir Ihnen die ikonischsten Beispiele für wichtige Staatsmänner und ihre besondere Beziehung zu feinen Zeitmessern – sowohl in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit.

Unangefochtener Champion: Wladimir Putin

Denkt man an Politiker und Uhren, so denkt man mit großer Wahrscheinlichkeit zuerst an Russlands Staatschef Wladimir Putin – und das zurecht. Putins Sammlung wird auf einen Gesamtwert von über 450.000 Euro geschätzt. In seiner vielseitigen Kollektion befinden sich unter anderem exklusive Uhren von A. Lange & Söhne, Blancpain und Patek Philippe. Ein Turbograph mit Tourbillon, Chronograph und Rattrapante-Funktion, sowie ewigem Kalender von A. Lange & Söhne, eine Blancpain Aqua Lung Grande Date und ein Perpetual Calendar Exemplar aus der Grande-Complication-Serie von Patek Philippe sind nur einige seiner einzigartigen Schätze. Putin ist jedoch nicht nur für seine Uhren selbst bekannt, sondern auch für seine ungewöhnliche Art diese zu tragen: Der Staatsmann hat sie stets am rechten Handgelenk und setzte damit vor einigen Jahren sogar einen Trend in der russischen Elite. Darüber hinaus soll er auf seinen Touren ein paar glücklichen Bürgern Blancpain-Zeitmesser geschenkt haben. Seine beeindruckende Auswahl an eleganten Klassikern hat dem Staatschef jedoch auch Kritik beschert. Mit einem Jahreseinkommen von ca. 140.000 Euro sollte Putin eigentlich keinen so opulenten Lebensstil pflegen können, so die verwunderte Opposition. Möglicherweise waren die Uhren teils Geschenke – dies wäre jedoch ebenfalls eine heikle Angelegenheit für den Politiker.

Die europäische Zeitzone

Der britische Premierminister Sir Winston Churchill (1874-1965) setzte seines Lebens auf Breguet. Vor allem die Nr. 765, auch unter der Bezeichnung „Turnip“ bekannt, eine Taschenuhr mit Flyback-Chronograph und Minutenrepetition, hatte es ihm angetan. Sein eigener Großvater, John Spencer-Churchill, hatte die Uhr mit Gelbgoldgehäuse und weißem Email-Ziffernblatt im Jahr 1890 in Auftrag gegeben. Der Turnip stand Churchill in guten und schlechten Zeiten zur Seite und kann heute im Imperial War Museum in London bestaunt werden. Für den 2017er Kinofilm „Die dunkelste Stunde“ mit Gary Oldman als Winston Churchill baute Breguet die Uhr sogar nach, allerdings in leicht modifizierter Form: Das Gehäuse wurde verschmälert, die Technik reduziert. Weiter geht’s mit Italien: Als Silvio Berlusconi noch im Amt war, trug er gern seine Vacheron Constantin zur Schau – mit einem Wert von etwa einer halben Million Euro.

Damit ist die Uhr eine der teuersten weltweit. Der Ex-Premierminister machte sich vor seiner politischen Karriere jedoch bereits über Jahrzehnte in der Industrie einen Namen und galt als so wohlhabend, wie nur wenige Andere. Somit war wohl auch die Investition in die Vacheron Constantin Partimony Minute Repeater Perpetual Calendar keine große Sache für den Italiener. Wenn man einen Blick nach Frankreich wirft, so fällt im Bezug auf Uhren vor allem einer auf: Nikolas Sarkozy ist bekanntermaßen ein echter Uhrenkenner. Zu seinen Favoriten zählen eine Patek Philippe 3940G, eine Girard-Perregaux 1966 und eine Rolex Daytona mit schwarzem Ziffernblatt. Der ehemalige Präsident hat durchaus Geschmack, wenn es um hochwertige Zeitmesser geht – und eine demensprechend exquisite Sammlung.

Die französische Marke Lip mag außerdem vielen Uhrenfans ein Begriff sein. Das Unternehmen hat die Geschichte der gesamten Uhrenindustrie entscheidend beeinflusst: Das Modell „GDG“ aus dem Jahr 1952 schmückte schon das Handgelenk von Charles de Gaulle. Der Ex-Präsident Frankreichs soll die Uhren von Lip geliebt haben. 1958 wurde sogar eine Version nach ihm benannt. Der Zeitmesser mit kissenförmigem Gehäuse, Kuppelglas und erhabenen Stundenindizes begeistert wohl alle Vintage-Fans in höchstem Maße. Im Jahr 1990 wurde das Modell grundlegend überarbeitet. Nun beherbergt der Zeitmesser ein feines Uhrwerk von Ronda, einer Schweizer Marke. Doch auch anderweitig hat die Modernisierung Einzug gehalten: Ein hochwertiges Band aus Echtleder und der zeitgenössische Blitz im Logo und auf der Schließe wurden ergänzt. Générale de Gaulle hat zu diesem Anlass sicher von oben hinabgeblickt und sich mitgefreut über die stilvolle Weiterführung des besonderen Design. Der ehemalige Kanzler Konrad Adenauer musste sage und schreibe 79 Jahre alt werden, bis er zu seiner bekannten goldenen Rolex kam. Die Armbanduhr war ein Geschenk aus der Schweiz, das ein Bote des Rolex-Gründers Hans Wildorf im September 1955 an Adenauer übergab. Sogar sein Name wurde auf die Rückseite des eleganten Schmuckstücks graviert.

Ein Agenturfoto vom 19. April 1957 beweist, dass der Zeitmesser es ihm wohl durchaus angetan hatte. Das Bild zeigt den ehemaligen deutschen Politiker an seinem Schreibtisch, den Ärmel des Anzugs genau so weit zurückgekrempelt, dass die Uhr gut zu sehen ist. Verständlich – wäre es doch schade, die edle Rolex Oyster Perpetual Datejust in achtzehnkarätigem Gelbgold zu verstecken. Ein Schatz, auf den man durchaus stolz sein darf – erst recht, wenn man ein Mann ist, der solch immense Dienste für sein Land geleistet hat. 44 Jahre nach dem Tod Adenauers wurde die Rolex inklusive des originalen Etuis und dem persönlichen Brief von Hans Wilsdorf in einem Genfer Auktionshaus versteigert. Der Wert wurde zuvor auf etwa 66.000 Euro geschätzt – der feine Zeitmesser ist jedoch für stolze 142.000 verkauft worden.

Luxus in the USA

Wichtige US-amerikanische Persönlichkeiten hatten schon immer viel für luxuriöse Zeitmesser übrig. John F. Kennedy setzte zu Lebzeiten auf Uhren von Omega. Ansonsten entschied sich der 35. Präsident der Vereinigten Staaten auch gerne mal für Cartier: 1957 bekam er von Ehefrau Jackie eine edle Cartier Tank zum Geburtstag. Auf dem Gehäuseboden der Armbanduhr war neben seinen Initialen auch das Familienwappen, sowie das Hochzeitsdatum der beiden eingraviert.

Volksliebling Barack Obama ist für seinen guten Modegeschmack bekannt. Sein Stil wird von vielen Fans imitiert. Auch bei feinen Accessoires beweist er Stilsicherheit: Vor seinem Amt als US-Präsident trug er am liebsten eine TAG Heuer 1500. Die Modellreihe wird heutzutage jedoch nicht mehr produziert, da sie durch die Aquaracer-Kollektion ersetzt wurde. Nach seinem Amtsantritt entschied sich Obama dann wohl aus strategischen Gründen für einen bodenständigeren Begleiter, den er von seinen Bodyguards geschenkt bekommen hatte: Ein Sondermodell von Jorg Gray mit dem US-Secret-Service-Logo auf dem Ziffernblatt. Nachdem Obama mit der Uhr am Handgelenk gesehen wurde, war das Modell bei Jorg Gray unmittelbar ausverkauft – Stil muss eben nicht unbedingt teuer sein. Der aktuelle US-Präsident Donald Trump stach schon immer gern aus der Masse hervor. Kein Wunder also, dass er auch in Sachen Uhren sein eigenes Ding versuchte: Der erfolgreiche Unternehmer und Politiker hat bereits vor einiger Zeit eine Uhren-Kollektion unter seiner eigenen Marke herausgebracht. Der Erfolg blieb allerdings aus. Nun greift er lieber wieder auf bewährte Klassiker zurück, darunter eine Patek Philippe Ellipse mit blauem Ziffernblatt und eine Rolex Day-Date, beide in Gelbgold.

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Über den Autor

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Stefan Sebök

Während meiner Schulzeit habe ich im Lager eines Auktionshauses gearbeitet und bin damals erstmals in Berührung mit exklusiven, mechanischen Uhren gekommen. Die Faszination war ab diesem Moment geboren und hat mich bis heute nicht losgelassen. Für mich war also sehr früh klar, dass ich mehr zum Thema Geschichte und Preisentwicklung von Uhren lernen- und natürlich selbst irgendwann eine automatische Uhr besitzen möchte. (Mein absoluter, leider weit entfernter Traum war damals eine Rolex GMT Master mit der blau roten Pepsi Lünette). Während meines Studiums wagte ich dann erste Schritte mit dem Handel von gebrauchten Uhren über verschiedene Onlinemarktplätze und konnte mir dann auf diesem Wege eine gebrauchte Breitling Colt leisten.